Dortmunder U – Vorher Nachher

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Vom Bier zur Kunst

Als Gär- und Lagerhochhaus der Dortmunder Union-Brauerei erbaut, ist das Dortmunder U heute das Zentrum für Kunst und Kreativität im Ruhrgebiet – und darüber hinaus.

Mitten in Dortmund thront ein markanter Turm. Mit einem vierseitigen, knapp elf Meter hohen, vergoldeten und beleuchteten U auf dem Dach überragt er die Dächer der Stadt. Über Jahrzehnte hinweg wurde im Dortmunder U Bier gebraut. Heute beherbergt die ehemalige Brauerei ein vielfältiges Programm aus Kunst und Kultur. Das Dortmunder Usteht symbolisch für den Strukturwandel im Ruhrgebiet: Nach Kohle, Stahl und Bier sind heute Kreativität und Bildung die zentralen Merkmale der Stadt.

1926: Spektakuläre Brauerei

Am westlichen Rand der Dortmunder Innenstadt beginnt der Bau einer neuen Fabrik für die Dortmunder Union-Brauerei. Unter der Leitung des Dortmunder Architekten Emil Moog entsteht damit das erste Hochhaus der Stadt – mit einem revolutionären Konzept: ein Turm als Fabrik. Jedes Stockwerk bekommt seine eigene Funktion, etwa als Lagerkeller oder Gärbecken. Ein Lastenaufzug soll die Etagen miteinander verbinden.

1927-1929: Über eine Million Hektoliter Bier

Nach nur 14 Monaten Bauzeit geht das Gär- und Lagerhochhaus der Union-Brauerei am 9. Juni 1927 in Betrieb. Mit der neuen Produktionsstätte steigert die Brauerei auch ihren Absatz. 1929 werden erstmals mehr als eine Million Hektoliter Bier gebraut. Die Dortmunder Union-Brauerei ist zeitweise die größte Brauerei Westdeutschlands.

1968: Das goldene U

Das Firmenzeichen, das goldene U, wird auf dem Dach der Brauerei installiert. Der Entwurf stammt von dem Architekten Ernst Neufert. Mit dem 10,6 Meter hohen, vergoldeten und mittlerweile beleuchteten Buchstaben avanciert der Turm zum Wahrzeichen der Stadt.

1994 bis 1998: Leere Jahre

Die Union-Brauerei übernimmt 1994 die Dortmunder Ritter-Brauerei und wird zur Dortmunder Union-Ritter-Brauerei. Die Produktion wird aus der Innenstadt zur damaligen Produktionsstätte der Ritter-Brauerei nach Lütgendortmund verlagert, der Betrieb im Hochhaus eingestellt. Die im Laufe der Jahre hinzugekommenen umliegenden Gebäude werden abgerissen. Lediglich der denkmalgeschützte Solitär des U-Turms bleibt erhalten.

1998: Ein erster Versuch

Die Ausstellung Reservate der Sehnsucht des HMKV Hartware MedienKunstVereins erprobt das U erstmals als Ausstellungsort. Zahlreiche internationale Künstler*innen bespielen das gesamte Gebäude mit ihren multimedialen Arbeiten. Sie widmen sich verlassenen Orten wie der damaligen Industrieruine, die im Zuge des Strukturwandels im Ruhrgebiet leer standen oder umgenutzt wurden. Die zukunftsweisende Ausstellung hat eine enorme Strahlkraft über Dortmund hinaus und wirkt bis heute nach. Dennoch wird das U für viele weitere Jahre leer stehen.

2007-2010: Umbau und Wiedereröffnung als Zentrum für Kunst und Kreativität

Im Februar 2007 erwirbt die Stadt Dortmund das Gelände rund um das Dortmunder U für 25,5 Millionen Euro. Wenige Monate später, im Januar 2008, beschließt Dortmund, das Gebäude zu einem Kunst- und Kulturzentrum umzubauen. Das U wird zum Leuchtturmprojekt im Rahmen des europäischen Kulturhauptstadtjahres Ruhr.2010. Das Dortmunder Architekturbüro Gerber Architekten unter der Leitung von Eckhard Gerber realisiert den Umbau. Es durchbricht die sieben Geschosse, um den Zugang zu den einzelnen Ebenen zu ermöglichen.

2010: Kunst, Kultur und Bildung statt Kohle, Stahl und Bier

Das Dortmunder U – Zentrum für Kunst und Kreativität wird am 28. Mai 2010 unter der Leitung des ehemaligen Gründungsdirektors Andreas Broeckmann eröffnet. Wegen Problemen mit der Dach- und Kellerkonstruktion sind zunächst nur rund 40 Prozent des Komplexes fertiggestellt. Seit Mai 2010 zeigt das Haus drei Stationen der Installation Fliegende Bilder von Adolf Winkelmann: die U-Turm Bilderuhr an der Dachkrone, die Ruhrpanoramen im Foyer und dieNeun Fenster in der Vertikalen im Treppenhaus des U. Im Oktober 2010 zieht das Museum Ostwall in das Dortmunder U. Als Ort der künstlerischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung präsentiert es Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Inzwischen beherbergt das U auf sieben Ebenen Kunst-, Kultur- und Bildungsinstitutionen sowie mehrere Gastronomien, darunter Deutschlands höchstes Wirtshaus mit einem Biergarten in 64 Metern Höhe.

2016: Sommer am U

Umsonst und draußen: Das Festival "Sommer am U" findet zum ersten Mal auf dem Vorplatz des Dortmunder U statt und ist ein voller Erfolg. Seitdem ist das Festival von Juni bis August mit jährlich rund 10.000 Besucher*innen ein fester Programmpunkt im Dortmunder Kultursommer. Das Besondere: Unterschiedliche Akteur*innen des Dortmunder Ugestalten es gemeinsam – so ist für Jede*n ist etwas dabei.

Heute: Inklusion und Partizipation

Das Dortmunder U hat sich über die Jahre zu einem Ort für die zeitgemäße Beschäftigung mit gesellschaftlichen Themen entwickelt – von Digitalisierung über Mode und Jugendkultur bis hin zu Geschlechterrollen. Dabei legt das Kreativzentrum großen Wert auf Inklusion. Es ermöglicht seinen Besucher*innen die Teilhabe an Fragestellungen unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialem oder kulturellem Hintergrund. Die Besucher*innen sollen gesellschaftliche Realität nicht nur reflektieren, sondern aktiv mitgestalten. Die uzwei im Dortmunder U beispielsweise bietet jungen Menschen einen Ort, an dem sie sich experimentell, spielerisch und interaktiv ausprobieren können. Hier warten Medienräume mit Kameras, 3D-Druckern oder VR-Brillen auf die Besucher*innen, Ausstellungen und Kunstwerkstätten laden zum Mitmachen ein.

Durch die Kooperation mit einem internationalen Netzwerk und Partner*innen im Haus entwickelt das Dortmunder Uauch neue Ausstellungsformate. Im Frühjahr 2023 konzipieren und organisieren zum ersten Mal junge Künstler*innen im Alter von 16 bis 21 Jahren eine Ausstellung in Eigenregie – Unbeschwert findet mit rund 20.000 Besucher*innen großen Zuspruch. Formate wie diese bieten wichtige Impulse für Innovation und Kommunikation, die über die Dortmunder Stadtgrenzen hinaus von Bedeutung sind.

Titelbild: Roland Baege
Weitere Bilder (v.l.n.r.): Roland Baege, Christian Hammer, Roland Baege, Daniel Sadrowski