Fraunhofer-Studie

Aus der Ich-Perspektive zeigt eine Hand auf eine weite, grüne Landschaft mit einer Straße und einem Fluss. Am Horizont ist eine Industrieanlage zu erkennen.
Aus der Ich-Perspektive zeigt eine Hand auf eine weite, grüne Landschaft mit einer Straße und einem Fluss. Am Horizont ist eine Industrieanlage zu erkennen.
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DIESE ACHT ERFOLGSFAKTOREN SIND DER MOTOR DER GRÜNEN TRANSFORMATION

Wie können Europas Industrieregionen klimafreundlicher werden? Laut einer aktuellen Studie spielen diese acht Erfolgsfaktoren eine wichtige Rolle.

Klimaneutral bis 2050: Dieses EU-Ziel hängt unter anderem von der grünen Transformation europäischer Industrieregionen ab. Eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag des Regionalverbands Ruhr hat zehn Vorreiterregionen genauer betrachtet. Darunter auch das Ruhrgebiet. 

So wurde die Untersuchung durchgeführt 

In die Auswahl kamen Standorte, die trotz industrieller Prägung große Fortschritte bei der Dekarbonisierung machen:

  • Baskenland
  • Flandern
  • Île-de-France
  • Limburg
  • Oberösterreich
  • Ostmittelschweden
  • Ostslowenien
  • Ruhrgebiet
  • Südfinnland
  • West Midlands 

In diesen Regionen haben die Studienautorinnen und -autoren acht Erfolgsfaktoren identifiziert, die den grünen Wandel vorantreiben. Andere Standorte können diese Erkenntnisse als Modell für ihre eigene Transformation nutzen.

1. Am Anfang stehen klare Strategien

Die Vorreiterregionen verbindet ein Leitgedanke: Die Industrie soll nicht abgeschafft, sondern nachhaltiger werden. Unabdingbar ist hierfür ein Fahrplan. Eine ganze Region zu dekarbonisieren, ist ein langwieriger Prozess, der Strategien und Ziele erfordert. Die Visionen dürfen ambitioniert sein, da sie viele Akteurinnen und Akteure motivieren, den grünen Wandel voranzutreiben. Besonders Regionen mit politischer Gestaltungsmacht wie Flandern und Oberösterreich überzeugen mit Beteiligungsformaten und dem Einbeziehen emissionsintensiver Unternehmen.  

2. Die Region steuert sich selbst

Die Standorte gehen ihren eigenen Weg – begründet durch ihre Geschichte und Autonomie. Gebiete mit starker Selbstverwaltung haben politisch legitimierte Kompetenzen und Budgethoheit. Im Hinblick auf wirtschafts-, umwelt-, energie- und innovationspolitische Maßnahmen ist das von großer Bedeutung. Einige Regionen, etwa Limburg oder West Midlands, stimmen ihre lokalen Strategien eng mit nationalen Vorgaben ab. Und das Ruhrgebiet im Besonderen zeigt, dass die (Wieder-)Erlangung regionaler Kompetenzen wichtig für die individuelle Gestaltung der nachhaltigen Zukunft ist.  

3. Der gesetzliche Rahmen passt

Ambitionierte Emissionsziele bis hin zu steuerlichen Anreizen: Wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen attraktiv sind, begünstigt das die grüne Transformation. Sie geben Planungssicherheit, ermutigen Unternehmen zu Investitionen und sorgen dafür, dass die Wandlungsprozesse mit Tempo erfolgen. 

4. Förderung macht den Unterschied

In fast allen Regionen gibt es Fördermaßnahmen. Dabei gilt: Je passgenauer die Unterstützung, desto effektiver setzen Unternehmen und Forschungseinrichtungen die Mittel ein – vom Aufbau von Netzwerken über das Errichten von Kompetenzzentren bis hin zum Entwickeln von Clustern. Manche Regionen reduzieren mit Bürgschaften und zinsgünstigen Darlehen sogar ihr Risiko bei klimafreundlicher Umrüstung.

5. Leuchttürme haben Signalwirkung

Oft scheitern Transformationsprozesse, weil die Menschen nicht an ihren Erfolg glauben. Umso wichtiger sind Großprojekte, die das Gegenteil beweisen. Ein Beispiel: Die Kunststoffrecycling-Anlagen in der französischen Hauptstadtregion Île-de-France entfalten eine große Wirkung für die Branche und die Region. Auch das Ruhrgebiet belegt mit dem Umstellen von Hochöfen auf Wasserstoff, dass sich große Industriestandorte mit hohem CO2-Ausstoß in klimafreundliche Gebiete verwandeln können.

6. Grüne Technologien wie Wasserstoff stehen im Fokus

Ökologie und Ökonomie verbinden: Das ist das Ziel beim Einführen grüner Technologien. Viele Verfahren sind bereits so ausgereift, dass Unternehmen sie in ihre Abläufe integrieren. Im Fokus stehen insbesondere Wasserstofflösungen, konkret das Aufbauen von Elektrolysekapazitäten, Wasserstoffspeichern und -pipelines. Im Ruhrgebiet ist diese Entwicklung besonders bei Gründungs-, Netzwerk- und Forschungsaktivitäten zu beobachten sowie bei der interkommunalen Zusammenarbeit.

7. Wissenschaft fördert mit Forschung

Hochschulen und wissenschaftliche Forschungseinrichtungen spielen in allen Vorreiterregionen eine bedeutende Rolle. Sie bringen nicht nur wertvolle Erkenntnisse in transformationsrelevanten Bereichen wie Kreislaufwirtschaft, Energietechnik, Elektrifizierung und Bioökonomie. Sie bilden auch Fachkräfte aus, die in der grünen Industrie gefragt sind. Je enger Wissenschaft und Wirtschaft zusammenarbeiten, desto mehr kommt Forschung zur Anwendung. Wie wichtig die Vernetzung ist, beweist die Greentech.Ruhr – eine Initiative mit mehr als 260 Partnern, darunter Start-ups, Konzerne, Forscherinnen und Forscher sowie Praktikerinnen und Praktiker, die den Wissenstransfer beschleunigen und die Innovations- und Wirtschaftskraft der Region ausbauen.

8. Arbeitskräfte brauchen spezielle Qualifizierung 

Systematische Weiterbildungsstrategien und moderne Qualifizierungsangebote sind der Schlüssel. Sie machen Arbeitskräfte für die grüne Transformation fit. Hier haben bislang nur wenige Regionen wie Oberösterreich und die West Midlands Strategien entwickelt. Im Ruhrgebiet arbeiten derzeit mehr als 160.000 Menschen an nachhaltigen und ressourcenschonenden Produkten sowie Dienstleistungen. Das macht die Umweltwirtschaft zum Kraftzentrum. Es kommt jedoch darauf an, diese Menschen umfassend weiter zu qualifizieren.

Fazit

Die Studienautorinnen und -autoren kommen zu dem Schluss: Industrieregionen können sich wandeln. Egal, wie groß sie sind. Egal, wie viele Einwohnerinnen und Einwohner sie haben. Egal, wie verankert ihre Tradition ist. Die grüne Transformation ist möglich. Und in vielen Regionen ist sie längst im Gange. Doch ihr Gelingen hängt vom Stellen der richtigen Weichen ab. Gerade jetzt sind laut RVR-Regionaldirektor Garrelt Duin die Europäische Union sowie Bund und Länder gefragt, regionale Akteurinnen und Akteure zu unterstützen. Hierfür formuliert Duin sechs Handlungsempfehlungen, die in der folgenden Pressemitteilung nachzulesen sind.