Nachhaltig warm mit Wasserstoff
Heizen verursacht einen hohen CO2-Ausstoß und stellt die Wohnungswirtschaft vor große Herausforderungen. Branchenprimus Vonovia forscht in Bochum an H2-Technologien, um die Emissionen zu senken.
Heizen verursacht einen hohen CO2-Ausstoß und stellt die Wohnungswirtschaft vor große Herausforderungen. Branchenprimus Vonovia forscht in Bochum an H2-Technologien, um die Emissionen zu senken.
Die Klimakrise betrifft nicht nur Energie- und Industrie-Unternehmen, sondern alle Bereiche der Wirtschaft. Etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland sind dem Gebäudebereich zuzuordnen. Um die deutschen CO2-Reduktionsziele zu erreichen, müssen daher auch die Immobilienunternehmen einen erheblichen Beitrag leisten. Deutschlands größte Wohungsvermieterin, die Vonovia SE in Bochum, will nicht abwarten, bis die Politik Vorgaben macht. Das Unternehmen erforscht selbst, wie sich die Energiewende in der Wohnungswirtschaft verwirklichen lässt. Mit einer "Energiezentrale der Zukunft" (EZZ) soll eine ehemalige Krupp-Betriebssiedlung in Bochum-Weitmar zu einem Modellprojekt für eine klimaneutrale Wohnungswirtschaft werden.
"Mit energetischer Sanierung allein werden wir die Energiewende im Gebäudesektor nicht schaffen", sagt Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender der Vonovia. "Für Strom und Wärme müssen wir stärker als bisher erneuerbare Energien nutzen." Welche Technologien dafür in Frage kommen und wie sie kombiniert werden müssen, will Vonovia mit der EZZ erforschen. Sie versorgt einen zweigeschossigen Gebäudekomplex mit 81 Wohnungen, der in den 1950er-Jahren vom Stahlunternehmen Krupp gebaut wurde, das dort Betriebswohnungen bereitstellte. In einem ersten Schritt hat Vonovia sie energetisch saniert. Zudem wurde eine Etage ergänzt und auf dem neuen Dach eine Photovoltaik-Anlage errichtet, die Solarstrom produziert. Im Sommer liefert sie mehr Strom, als die Siedlung verbraucht. Doch im Winter, wenn zusätzlich geheizt werden muss und die Sonne seltener scheint, reicht die Anlage nicht aus, um den Energiebedarf zu decken. Auf die Option, im Winter auf fossile Brennstoffe zu setzen, will Vonovia möglichst verzichten.
In der EZZ wird Wasserstoff-Technologie eingesetzt, um den Solarstrom aus dem Sommer im Winter nutzen zu können. Ein Elektrolyseur stellt aus dem Solarstrom sonnenreicher Tage Wasserstoff her, der für die kalte Jahreszeit gespeichert wird.
Im Winter wird der Wasserstoff mittels einer Brennstoffzelle zur Strom- und Wärmeproduktion eingesetzt. Dank zusätzlich genutzter Wärmepumpen kann die Siedlung so zu mindestens 60 Prozent mit CO2-frei erzeugter Wärme versorgt werden. Für die Bewohner*innen der Siedlung bringt das keine Zusatzkosten. "Für unsere Mieterinnen und Mieter muss der Klimaschutz bezahlbar sein", sagt Vonovia-Chef Buch. "Wir wollen in Bochum-Weitmar herausfinden, wie wir unseren Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral umgestalten können." Die Technologien, die sich in der Bochumer Krupp-Siedlung bewähren, werden gegebenenfalls auf weitere der mehr als 400.000 Wohnungen europaweit übertragen.
Auch an anderen Standorten setzt Vonovia auf nachhaltige Technologien und hat beispielsweise ein 1.000-Dächer-Programm für Photovoltaik-Anlagen erfolgreich umgesetzt. Auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand will das Wohnungsunternehmen jedes geeignete Dach mit Photovoltaik-Modulen ausstatten. In der Siedlung Bochum-Weitmar, zu der insgesamt rund 1.400 Wohnungen gehören, läuft parallel zur EZZ ein Forschungsprojekt, bei dem Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Fraunhofer-Institute sowie der Ampeers Energy GmbH seit 2020 ein "Innovationsquartier für Klimaschutz" entwickeln. Dieses Forschungsvorhaben wird von der nordrhein-westfälischen Landesregierung mit 5,2 Millionen Euro unterstützt. "Mit vielen Gebäuden aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ist Bochum-Weitmar ein ideales Pilotquartier", begründete NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart die Förderung. Mit der Kombination verschiedener innovativer Technologien könne die Energieversorgung in urbanen Quartieren ökologisch und ökonomisch effizient gestaltet werden. "Das Projekt wird wichtige Impulse für andere Quartiere und somit für ein klimafreundliches Ruhrgebiet insgesamt geben."
"Das Projekt wird wichtige Impulse für andere Quartiere und somit für ein klimafreundliches Ruhrgebiet insgesamt geben", sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (links) über das EZZ in Bochum-Weitmar, das er gemeinsam mit Vonovia-Vorstandsvorsitzendem Rolf Buch (rechts) eröffnete. FOTO: Vonovia
"Das Projekt wird wichtige Impulse für andere Quartiere und somit für ein klimafreundliches Ruhrgebiet insgesamt geben", sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (links) über das EZZ in Bochum-Weitmar, das er gemeinsam mit Vonovia-Vorstandsvorsitzendem Rolf Buch (rechts) eröffnete. FOTO: Vonovia
Vonovia sucht auch auf anderen Wegen Lösungen für die Klimawende. Gemeinsam mit sieben weiteren Unternehmen und Institutionen aus dem Ruhrgebiet engagiert sich Vonovia in einer im September gegründeten Initiative, die die Metropole Ruhr zur Pionierregion der Wasserstoffwirtschaft entwickeln will. Neben Vonovia gehören dazu E.ON, Evonik, RWE, thyssenkrupp, das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion, das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) sowie die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.
Gemeinsam wollen sie einen sektorenübergreifenden Bebauungsplan für Wasserstoffinfrastruktur und -produktion entwickeln, CO2-Emissionen reduzieren und die Transformation des Ruhrgebiets zur grünsten Industrieregion der Welt vorantreiben. Erklärtes Ziel ist es, Pionierlösungen aus Industrie, Energiewirtschaft, Mobilität und Wohnen zu vernetzen. Die Metropole Ruhr als traditionelle Energie- und Industrieregion sei dafür der ideale Standort, glaubt Rolf Buch: "Vom Ruhrgebiet könnte ein Impuls für das ganze Land ausgehen."